Milchimitate auf Pflanzenbasis boomen wie nie zuvor. Doch nicht alle sind wirklich gesünder. Von Sabine Bisovsky
Milchprodukte haben in Österreich eine lange Tradition. Melange, Kakao, Palatschinken, Müsli und vieles mehr wären ohne Milch undenkbar.
Außerdem liefert Kuhmilch viele wertvolle Nährstoffe, die den Essalltag bereichern:
• hochwertiges Eiweiß (3,4 g/100 ml) – vor allem ein hoher Leucingehalt baut neue Muskelfasern auf
• knochenstärkendes Kalzium – Milch ist die beste natürliche Quelle dafür
• Vitamin B2 - für Energiegewinnung und Wachstumsprozesse
• Vitamin B12 - für Blutbildung und Wachstum
• Zink - für ein intaktes Immunsystem
• Milchsäure in Sauermilchprodukten verbessert den pH-Wert im Darm, Kalium, Magnesium, Jod, Vitamin D runden das Gesamtpaket ab
Die Österreichische Gesellschaft für Ernährung empfiehlt aus diesem Grund pro Tag:
1 Portion weiße Milchprodukte + 1 Portion gelbe Milchprodukte z. B. 1 Glas (Butter-)Milch und 2 dünne Scheiben Käse. Wer weniger oder gar keine Kuhmilch(-produkte) isst/trinkt oder wer sehr viel mehr als diese empfohlene Menge konsumiert, sollte auf pflanzliche Alternativen ausweichen.
Pflanzendrinks liegen voll im Trend
Nicht nur Veganer greifen gerne zu flüssigen Alternativen auf Basis von Hafer, Mandeln, Reis oder Kokos. Wem Klimaschutz ein Anliegen ist oder wer Laktose nicht verträgt, findet mittlerweile eine fast unüberschaubare Vielfalt an Kuhmilch-Imitaten im Kühlregal. Sie unterscheiden sich vom Original ganz wesentlich. Nicht nur der Geschmack ist für viele Milchtrinker oft gewöhnungsbedürftig, sondern auch das Nährstoffprofil hat mit Kuhmilch nicht viel gemeinsam – wenn nicht entsprechend angereichert wird.
Pflanzendrinks:
• punkten mit weniger gesättigte Fettsäuren und enthalten kein Cholesterin,
• der Eiweißgehalt ist meist viel geringer als der von Kuhmilch. Nur Produkte aus Soja ähneln Kuhmilch hinsichtlich Menge und Eiweißqualität,
• Kalzium steckt nur in angereicherten Produkten – Bioprodukte dürfen allerdings gar nicht angereichert werden,
• Vitamin A und K liegen teilweise unterhalb der Nachweisgrenze, B-Vitamine sind ebenfalls nur sehr wenig enthalten,
• meist besserer ökologischer Fußabdruck – die Unterschiede sind aber beachtlich,
• oft viele Zusatzstoffe
Meist wird die Wahl der pflanzlichen Milchalternative ausschließlich nach dem Geschmack getroffen. Es lohnt sich aber ein genauerer Blick auf das Nährstoffprofil, um die individuell beste Wahl zu treffen.
Hier die Bewertung der Pflanzendrinks im Detail:
Haferdrink
Der klimaschonendste aller Pflanzendrinks. Es entstehen um 70 Prozent weniger klimaschädliche Umweltgase als bei der Produktion von Kuhmilch.
• Haferdrink enthält wertvolle ß-Glucane, die mithelfen können, den Cholesterinspiegel im Lot zu halten.
• Der Eiweißanteil ist mit 0,7 g/100 ml sehr gering. Das sollte vor allem Veganern und Sportlern bewusst sein.
• Bioprodukte enthalten kein Kalzium.
Mandeldrink
• Mandeln sind glutenfrei und daher auch bei Zöliakie geeignet.
• Mandeldrinks enthalten nur 2 bis 5 Prozent Mandeln. Der Rest sind Wasser und Zusatzstoffe.
• Der Eiweißanteil ist ebenso bescheiden und reicht von 0,4 bis 1 Prozent.
• Der Mandelanbau ist alles andere als nachhaltig. Die meisten Mandeln werden in Kalifornien angebaut. Eine einzige Mandel braucht bis zur Reife 4 Liter Wasser!
Reisdrink
• Reis ist glutenfrei und ebenso bei Zöliakie geeignet.
• Für Allergiker die beste Alternative zu Kuhmilch.
• Die Ökobilanz von Reis aus Asien ist verheerend: Es werden 586 Liter Wasser für die Produktion von 1 Liter Reisdrink benötigt. Besser ist Reis aus Europa, die im Trockenanbau-Verfahren erzeugt wird.
• In Reis finden sich immer wieder Arsen-Rückstände.
Kokosdrink Nicht zu verwechseln mit Kokosmilch, die als fette Zutat für asiatische Gerichte verwendet wird.
• Der Kokosanteil in den Drinks beträgt 5-8 Prozent.
• Der Eiweißgehalt ist sehr gering.
• Die Ökobilanz ist aufgrund des weiten Transportweges fragwürdig.
Sojadrink
• Die Produkte auf Sojabasis erreichen als einzige annähernd den Eiweißgehalt von Kuhmilch und sind glutenfrei.
• Das Soja stammt meist von europäischen Anbauflächen, häufig aus Österreich. Anders als für Futtersoja werden also Regenwälder dafür nicht gerodet.
• Die Produktion von einem Liter Kuhmilch verbraucht im Schnitt circa 13-mal so viel Fläche wie von einem Liter Sojadrink.
• Sojadrinks passen geschmacklich gut in den Kaffee – besonders die Barista-Versionen.
• Nicht geeignet für Soja- und teils Birkenpollenallergiker.
• Bioprodukte enthalten nur rund ein Zehntel der Kalziummenge von Kuhmilch.
Unsere Tipps:
• Viele Pflanzendrinks enthalten zusätzlich Zucker. Greifen Sie zu einem Produkt ohne Zuckerzusatz.
• Wer sportlich aktiv ist und/oder sich vegan ernährt, greift am besten zum Sojadrink. Ansonsten kommt dringend benötigtes Eiweiß womöglich zu kurz.
• Kommen gar keine Milchprodukte als wichtigste Kalziumquelle auf den Tisch, empfiehlt sich ein mit Kalziumcarbonat angereicherter Drink. Leider dürfen Bio-Produkte nicht angereichert werden und sind daher immer sehr kalziumarm.
• Wer Bio-Pflanzendrinks bevorzugt, muss die Versorgung mit Vitamin B2, B12 und Kalzium anderweitig sicherstellen.
• Für Kleinkinder ist ein vollständiger Ersatz von Kuhmilch durch nicht angereicherte Pflanzendrinks nicht empfehlenswert. Lücken bei wertvollen Vitaminen, Mineralstoffen und vor allem Eiweiß könnten entstehen.
• Keinesfalls sind diese Produkte als Ersatz für Säuglingsmilchnahrungen geeignet!
• Da sich zugesetztes Kalzium am Packungsboden absetzen kann, ist es wichtig, den Drink direkt vor der Verwendung gut zu schütteln.
• Hafer und Soja schneiden in der CO2-Bilanz am besten ab und sind daher als Milchalternative am ehesten zu empfehlen.