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GESUNDHEIT & VITALITÄT

Lieblingsspielzeug PC, Tablet & Handy

GESÜNDER LEBEN bat Dr. Helmut Krönke zum Interview


Der Anteil der Jugendlichen, die im Jahr 2021 angaben, täglich oder mehrmals in der Woche digitale Spiele zu spielen, ist im Vergleich zum Vorjahr um vier auf 72 Prozent gestiegen. Können Sie auch einen Anstieg in Ihrer Praxis beobachten? 

Ja, auch in meiner Ordination ist ein deutlicher Anstieg zu bemerken. Dies hat einerseits mit den durch die Maßnahmen gegen die Corona-Pandemie bedingten, eingeschränkten Möglichkeiten zu tun, aber auch mit einem Trend, der sich schon davor bemerkbar gemacht hat. Patienten, die im Vorfeld schon viel gespielt haben, steigerten ihren Konsum deutlich. 


Wann spricht man von Computer-Spielsucht? 

Eine Suchterkrankung liegt vor allem dann vor, wenn die Jugendlichen andere Interessen völlig vernachlässigen, die Schule schleifen lassen und auch andere Aktivitäten ständig von den Gedanken begleitet werden, wann man wieder spielen kann. Auch Entzugssymptome wie verstärkte Reizbarkeit, Zittern, Unruhe und Angst können auftreten, wenn der Zugang wie z.B. im Urlaub eingeschränkt ist. 


Hat es die Pandemie verschlimmert? Waren Homeschooling und Freizeit plötzlich nicht mehr so einfach zu trennen? Und lag es auch an den fehlenden sozialen Kontakten? 

Die Kinder wurden wieder einmal allein gelassen. Sie haben sich ihre Tage selbst strukturiert und vielfach die Chance genutzt, mehr Zeit mit dem PC oder der Konsole zu verbringen. Durch die Beschränkungen der Kontakte wurde auch vielfach versucht, diese online wiederherzustellen. Insofern ist auch eine Beschränkung sehr schwierig. Wenn wir den Kindern alle Geräte wegnehmen, beschränken wir auch ihre Kontakte deutlich. 


Tendieren auch immer mehr Mädchen zum „Zocken“? 

Der Anstieg bei den Mädchen ist geringer ausgeprägt, aber trotzdem vorhanden. Das liegt einerseits an einem Angebot, dass sich zunehmend auch an dieser Zielgruppe orientiert und einer durchaus begrüßenswerten Veränderung von Rollenbildern. 


Programmieren verstehen, Kommunikation lernen, Komplexität managen: Computerspiele haben nicht nur ein negatives Image. Es gibt auch pädagogisch wertvolle Games. Doch wie sieht es mit den Lernmotoren für viele Skills aus, die in Zukunft wichtiger werden? 

Prinzipiell können alle Beschäftigungen dazu dienen, eine Verbesserung von Fähigkeiten zu erreichen. Bei Computerspielen können Hand-Augen-Koordination, Planungsfähigkeit, Frustrationstoleranz und bei Mehrspieler-Möglichkeit auch Teamfähigkeit erlernt werden. Einen Ego-Shooter pädagogisch wertvoll zu nennen, führt aber zu weit. Das Entscheidende, vor allem für junge Kinder, ist, die Spiele zu begleiten und einen Überblick zu haben, mit welchen Inhalten sie sich konfrontieren. Ebenso geht es auch um die Zeit, die sie darauf verwenden. Auch beim Fußballtraining gibt es ein Zuviel. 


Apropos Verbote, sie sind ja selten sinnvoll. Wie können Eltern aber die Zeit reglementieren – besonders von Teenagern? 

Letzten Endes ist es immer gut, als Eltern eine Haltung zu entwickeln und zu präsentieren. Dagegen dürfen und sollen Jugendliche in ihrer Pubertät auch aufbegehren. Das ist eine Entwicklungsaufgabe. Wichtig ist, dass es in einem gewissen Rahmen bleibt. Wir alle haben ja auch immer wieder Grenzen der Eltern ignoriert, sind länger wach geblieben, haben einen Film gesehen, der nicht fürs richtige Alter war oder waren länger fort als erlaubt. Eine Vorgabe zu geben, ist jedenfalls sinnvoll, aber auch das offene Gespräch mit den Jugendlichen. Man kann den Jugendlichen durchaus auch signalisieren, dass sie mehr Freiheiten bekommen, wenn man sich weniger Sorgen machen muss. 


An wen sollen sich verzweifelte Eltern wenden, die mit Verboten nichts mehr ausrichten können? 

Sollten tatsächlich Symptome einer Suchterkrankung vorliegen, ist es sinnvoll, mit FachärztInnen für Kinder- und Jugendpsychiatrie Kontakt aufzunehmen, eine klinisch psychologische Diagnostik zu machen und psychotherapeutische Hilfe in Anspruch zu nehmen. Sollten sich die Betroffenen weigern oder keine Einsicht zeigen, empfiehlt es sich auch, als Eltern eine professionelle Beratung in Anspruch zu nehmen.

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