iStock iStock
GESUNDHEIT & VITALITÄT

Wie der Körper sich selbst repariert

Der menschliche Organismus besitzt erstaunliche Fähigkeiten, Wunden selbst zu heilen. Wie wir diesen Prozess unterstützen aber auch stören können. Von Mag. Regina Modl

Ob Schnittwunde, Schürfwunde oder ein operativer Eingriff – sobald das Gewebe verletzt ist, setzt ein hochkomplexer Reparaturmechanismus ein. 

Der Körper versucht, erkranktes oder geschädigtes Gewebe so schnell wie möglich durch gesundes zu ersetzen. Dieser Prozess der Wundheilung läuft in mehreren Phasen ab und benötigt je nach Art der Verletzung eine gewisse Zeitspanne. 

Stufen der Wundheilung 
Der erste Alarm  
Blutgerinnung und Abwehr : Sobald eine Wunde entsteht, reagiert der Körper sofort. Blutgefäße ziehen sich zusammen, um den Blutverlust zu begrenzen. Gleichzeitig beginnt das Blut zu gerinnen. Dabei entsteht ein schützender Schorf, der wie ein natürlicher Wundverschluss wirkt. Unter dem Schorf laufen schon die nächsten Schritte ab: Das Immunsystem wird aktiviert. Abwehrzellen rücken an und entfernen Bakterien, Fremdkörper und abgestorbene Zellen. Diese Reinigungsphase ist entscheidend, um Infektionen zu vermeiden.

Aufbauarbeit – Neue Zellen und Blutgefäße entstehen: Nach der Reinigung beginnt die sogenannte Proliferationsphase. Jetzt werden neue Zellen gebildet. Fibroblasten, spezialisierte Bindegewebszellen, produzieren Kollagen, das als Gerüst für neues Gewebe dient. Gleichzeitig bilden sich neue kleine Blutgefäße, die das frische Gewebe mit Sauerstoff und Nährstoffen versorgen. Diese Phase ist besonders aktiv bei kleineren Hautverletzungen, aber auch bei inneren Wunden, etwa nach Operationen. 

Stabilisierung – Aus zartem Gewebe wird belastbares Gewebe: Die neu gebildete Gewebeschicht ist zunächst noch sehr empfindlich. In der folgenden Reifungs- oder Umbauphase wird sie langsam stabiler. Die Kollagenfasern werden ausgerichtet und vernetzt, sodass die Wunde zunehmend belastbar wird. Dieser Prozess kann Wochen bis Monate dauern. Narbengewebe ist zwar funktional, hat aber meist weniger Elastizität und enthält keine Haarfollikel oder Schweißdrüsen wie normale Haut. 

Selbsthilfe und Vorbeugung 
In vielen Fällen helfen einfache Maßnahmen, um die Heilung zu fördern. Achten Sie selbst bei harmlos wirkenden Wunden auf eine optimale Versorgung. Der erste Schritt ist eine ausreichende Reinigung mit Desinfektionsmittel und Anlegen eines sauberen Verbandes – abhängig von Art und Schweregrad der Verletzung. 

Während bei einem kleinen Schnitt meist ein Pflaster ausreicht, würde hingegen eine normale Wundauflage bei nässenden Brandwunden verkleben. Diese sollte daher von Fachleuten behandelt werden. Modernes Verbandsmaterial kann bei der Heilung unterstützen. Neue Materialien spielen für eine bessere Versorgung eine wichtige Rolle, denn sie sind weit mehr als nur Wundabdeckungen. 

Wenn Gewebe nicht heilt 
Für rund zwei Prozent der Bevölkerung erscheint der Spruch „Die Zeit heilt alle Wunden“ nicht zu gelten. Sie leiden oft jahrelang unter dauerhaft oder wiederholt aufklaffenden Wunden. Ob die Verletzung heilt oder nicht, ist von unterschiedlichen Faktoren abhängig. Viele Ursachen liegen im Bereich der Wunde selbst. Glatte Ränder heilen schneller als große, gequetschte Wunden. 

Wird die Verletzung fehlerhaft versorgt, nicht ruhiggestellt oder ist sie ständigem Druck ausgesetzt, treten auch häufig Komplikationen auf. Ebenso hat das Alter Einfluss auf die Wundheilung. Grundsätzlich regenerieren Verletzungen bei Kindern oder jungen Erwachsenen besser als bei älteren Menschen. Infektionen, Gefäßerkrankungen sowie Rauchen und Alkohol können die Wundheilung empfindlich stören. 

Auch bestimmte Medikamente, chronische Krankheiten (beispielsweise Diabetes mellitus, Blutarmut) sowie ein schlechter Ernährungszustand, Mangelzustände, Übergewicht oder sogar psychische Erkrankungen wirken sich negativ auf die körpereigenen Reparaturprozesse aus. Heilt die Läsion trotz sachgerechter Behandlung nicht innerhalb von acht Wochen ab, sprechen Experten von einer chronischen Wunde. Um die richtige Behandlung einzuleiten, gilt es, die Ursache für die schlechte Heilung herauszufinden.

Neben körperlicher Untersuchung und Erfassung vorhandener Krankheiten wie Diabetes, Neuropathien oder Tumoren, stellt die Erhebung der Durchblutung bzw. eines Gefäßstatus einen wesentlichen Aspekt dar. Liegt etwa ein Blutrückstau in den Venen vor, ist eine Kompressionstherapie erforderlich. Dies wäre aber bei einer arteriellen Durchblutungsstörung genau der falsche Weg. 

Der Unterschied kann durch fachgerechtes Abtasten der Pulse am Bein – d.h. in der Leiste, der Kniekehle sowie am Fußrücken – festgestellt werden. Zum Nachweis von Bakterien und deren gezielter Behandlung durch Antibiotika sollte eine mikrobiologische Austestung erfolgen. Die korrekte Behandlung chronischer Wunden ist komplex und zeitaufwendig. Effizientes Wundmanagement erfordert die Zusammenarbeit von Ärzten und Pflegekräften. Entscheidend für den Erfolg der Behandlung ist aber auch die Weiterversorgung daheim. 

Patienten bzw. Angehörige müssen entsprechend eingebunden und eingeschult werden. Es gilt, Hygienebedingungen sowie die Vorgaben wie Intervall zum Verbandwechsel einzuhalten. Bei schlecht heilenden Wunden brauchen Betroffene Geduld, denn ständige Therapiewechsel sind nicht zielführend. Diabetiker gelten als besonders gefährdet. Gefühlsstörungen führen nämlich oft dazu, dass Verletzungen – vor allem an den Füßen - nicht bemerkt werden. Sie sollten daher einmal pro Woche diese kontrollieren.

Phasen der Wundheilung
Phase I: Innerhalb der ersten fünf Tage nach der Verletzung wird die Wunde provisorisch verschlossen und die Blutung durch Blutgerinnung gestoppt. Thrombozyten (Blutplättchen) und Leukozyten (weiße Blutkörperchen) wandern in den Wundspalt ein, verklumpen zu einem Pfropf. Bei oberflächlichen Schürfwunden deckt das geronnene Blut (Schorf) die Wunde als „natürliches Pflaster“ ab. 
Phase 2: Etwa 24 bis 48 Stunden nach der Verletzung werden abgestorbene Zellen oder Gewebe abgebaut und eingedrungene Keime beseitigt. 
Phase 3: Zwischen viertem und zwölftem Tag beginnt der Körper im Bereich der Wunde neue Zellen und Bindegewebe zu bilden. Neue Blutgefäße sprießen in den Wundbereich ein. Phase 4: Vom Rand der Wunde wachsen neue Zellen ein und die Wunde schließt sich allmählich. Es entsteht eine Narbe. Diese Phase kann bis zu einem Jahr dauern.

Reparaturprozesse unterstützen:
Heilsalben (Zink, pflanzliche Mittel) lassen die Entzündung rascher abklingen, schützen vor Bakterien sowie Pilzen und helfen, das beschädigte Gewebe zu ersetzen.
Ernährung: Achtung beim Konsum von Schweinefleisch, Weißmehlprodukten und Süßigkeiten. Diese beeinträchtigen das Immunsystem und die Reparaturprozesse im Körper. Vitaminreiche und zinkhaltige (Rindfleisch, Innereien, Fisch, Eier, Milchprodukte) Lebensmittel wirken sich hingegen positiv aus.
Heilpflanzen: Birkenrinde oder Ringelblume unterstützt die rasche Wundheilung und fördert einen schnelleren Abbau von abgestorbenem Gewebe.
„Biochirurgen“: In speziellen Fällen (z.B. wenn Antibiotika nicht wirken) werden Ärzte und Pflegekräfte durch den Einsatz von gezüchteten Fliegenlarven (Goldfliegen) unterstützt. Diese beißen nicht, sondern saugen abgestorbenes Gewebe aus der Wunde und sondern ein enzymreiches Sekret ab, das die Keime vernichtet.

INTERESSANTES

ESSEN & GENIESSEN
Alarmstufe ROT: was tun bei Heißhunger auf Süßigkeiten?

AKTUELLES
GUTE FRAGE: Dürfen Schwangere ihren Bauch einziehen?

GESUNDHEIT & VITALITÄT
Wenn die Augen ihren Schutz verlieren

SCHÖNHEIT & PFLEGE
Haut im Sommermodus

Angaben gem ECG und MedienGesetz: Medieninhaber, Hersteller und Herausgeber bzw. Diensteanbieter Mediaprint Zeitungs- und Zeitschriftenverlag GmbH & Co KG, Zeitungs- und Zeitschriftenverlag (FBN 3394t, HG Wien; Komplementärin: FN 72716k)