Foto: Wolfgang Wolak Foto: Wolfgang Wolak
INTERVIEW

Wenn das Publikum a Freud hat, bin ich glücklich

Eigentlich spricht sie nicht gern über Krankheiten. Für GESÜNDER LEBEN macht Jazz Gitti eine Ausnahme. Herz-Op, Knieprobleme, Diabetes – die Vollblut-Entertainerin sprüht dennoch vor ansteckender Lebensfreude. Pandemie? Na, da müssen wir eben durch. Von Karin Podolak

Nach dem Besuch in ihrem Haus in Leobendorf, NÖ, das Martha Butbul, so der bürgerliche Name der Unterhaltungskünstlerin, Sängerin und ehemaligen Szenewirtin, mit ihrem Partner sowie Manager Roman Bogner, bewohnt, bin ich nicht nur um einen inspirierenden Nachmittag reicher, sondern auch um einen ganzen Schatz an Lebensweisheiten.Mit dabei: die entzückende Hundedame Guggi und drei Katzen, die gerade die umliegenden Weinberge unsicher machen. 

Liebe Gitti, du siehst blendend aus und hast dich also nach deiner Ende des vergangenen Jahres erfolgten Herz-Op wieder erholt. Was war passiert? 

Ja, es geht mir gut, ich hatte Glück. Durch den Diabetes sind meine Arterien schon ziemlich „verkalkt“. Ich nehme auch Blutverdünnungsmittel. So vor zwei Jahren war ich mitten in Theaterproben für „Miss Marple“ im Wiener Gloria-Theater. Aber ich hab mich nicht wohl gefühlt, ging zum Arzt und dann der Schock: Das Herz ist bedient! Da denk ich mir, Gitti, des war’s! Aber man hat mich am Universitätsklinikum in St. Pölten wirklich sehr gut medizinisch aufgeklärt, welche Therapiemöglichkeiten es gab. Die Entscheidung fiel auf die ersten beiden von mittlerweile mehreren Stents (Anm.: Gefäßstützen), die nach und nach notwendig wurden. 

Musstest du die Proben dafür abbrechen? 

Nein, hab ich nicht gemacht. Kurz vor der Premiere ging ich zu meinem Arzt ins Krankenhaus. Am Samstag rein, am Montag Abend stand ich wieder auf der Bühne und hab danach 30 bis 40 Vorstellungen gespielt. Dann habe ich aber wieder gespürt, es geht mir nicht so gut. 

Na, lass es uns abkürzen: Herzschrittmacher vor einem halben Jahr. Die Nachuntersuchung ergab, dass eine neue Herzklappe notwendig ist. Diese Operation fand erst im vergangenen November statt. Anfang des Jahres war ich auf Reha in Groß Gerungs, NÖ. 

Es geht also aufwärts? Deine Fans haben mit dir gebangt. 

Ja, es geht mir sehr gut! Eigentlich müsste ich jetzt 24 Stunden lang auf der Bühne stehen, wenn’s nach mir ginge. Das ist es, was mir Spaß macht und was mich freut. Aber ich bin 75 Jahre alt, da darf man auch ein paar Wehwehchen haben, oder? 

Mein gesundheitliches Problem liegt eher im Bewegungsapparat. Ich habe schmale Hüften und einen breiten Oberkörper. Da kommt es zu Fehlhaltungen, Knieschmerzen. Wenn ich einmal nicht kann, dann schmeiß ich mich auf die Couch und ruh mich halt aus. 

Du warst in den 80er Jahren eine der ersten Patienten, die in Österreich eine Magenverkleinerung durchführen ließen und hast auch immer offen darüber gesprochen. War das eine gute Entscheidung aus heutiger Sicht? 

Die Magen-Op funktioniert immer noch für mich. Ich habe mich dadurch ja halbiert! Aber ich muss schon aufpassen, dass ich nicht wieder zunehme und versuche, mein Gewicht zu halten, denn ich spüre jedes Kilo im Kreuz und in den Knien. Derzeit probiere ich noch, fünf Kilo runter zu bekommen, dann hätte ich wieder mein Dancing Star-Gewicht. Damit habe ich mich sehr wohl gefühlt. Es ist eben oft so: Wenn man z´wider ist, isst man halt a Schokolad’. 

Aber es stimmt schon, ich sollte etwas mehr Sport betreiben. Ich gehe auch wieder schwimmen. Das war ja in den vergangenen zwei Jahren recht schwierig durch die Corona-Situation. 

Du engagierst dich für die Aufklärung über die Zuckerkrankheit, von der du selber als Typ 2 Diabetikerin betroffen bist. Vor Kurzem im Zuge der Eröffnung des ersten virtuellen Diabetes Museums. Wie kommst du mit der Stoffwechselkrankheit zurecht? 

Man muss seinen Körper kennen und spüren lernen. Es gibt auch einen Zusammenhang mit der Tagesverfassung und wie ich das Essen vertrage. Danach richtet sich die Therapie ebenfalls. Unterzucker kann immer wieder einmal passieren, dann muss ich Insulin nachspritzen. Das spüre ich aber, auch in der Nacht. Wenn ich Auftritte habe, messe ich vorher den Blutzuckerwert. Auf der Bühne steigt er meist und reguliert sich nachher wieder ein. Das kenne ich und damit kann ich gut umgehen. 

Hast du einen persönlichen Tipp für andere Betroffene? 

Es gibt keinen. Das ist eine individuelle Sache, mit der sich jeder Einzelne auseinandersetzen muss. Auf jeden Fall aber einen Arzt suchen, der dich gut einstellt und dem du vertraust. Man sollte informiert sein und seinen Körper erkunden. 

(Unterbricht. Schelmischer Blick.) Ehrlich, das Interview mit dir ist zwar nett, aber ich red nicht so gern über Krankheiten. Wenn man Menschen in meinem Alter trifft und jeder erzählt, was ihm alles weh tut, da fühl ich mich gleich noch viel kränker . . . (Es folgt das unvergleichliche „Gitti“-Grinsen). 

Dann zu etwas ganz anderem: Du hattest früher eine Boutique, „Mode für Mollige“. Bist du noch immer modebewusst? 

Jede Frau will doch gut aussehen. Vor der Reha hab ich mir neue Sportsachen gekauft, damit ich was gleichschau. Aber, das hab ich auch meinen Kundinnen im Geschäft immer gesagt: Selber muss man sich gefallen! Nur darauf kommt es an. Egal, was die anderen von dem Kleid halten, das man sich aussucht. Die Frau, die es trägt, soll Spaß damit haben. 

Gehst du gerne shoppen? 

Ich geh immer mit dem Roman einkaufen, der weiß genau, was mir passt und gefällt. Wenn es preiswert ist, umso besser. Ich mach sehr gerne Schnäppchen! 

Wie sehen die aktuellen Bühnenpläne aus? Wir lassen uns nicht unterkriegen! Vor dem Lockdown wurde am Revival mit den Discokillers (Anm.: Die Band Jazz Gitti & Her Disco Killers feiert ihr 20-Jahr-Jubiläum) gearbeitet. Wir waren bereits mit dem Programm fertig, haben schon Einspielkonzerte gegeben, wo das Publikum sehr zufrieden war. Dann lief plötzlich gar nichts mehr wegen der Corona-Beschränkungen. Aber wir spielen es heuer unter dem Titel „A Wunda Forever“ auf der Prater Bühne in Wien. Weitere Auftritte werden im Gloria-Theater und im CasaNova stattfinden. 

Meine unrealistische Hoffnung ist, dass ich eines Morgens aufwache und es gibt kein Corona. Da bin ich ja nicht die Einzige, die sich das wünscht. 

Aber fad wird dir nicht . . . 

Mir ist nicht langweilig, ich habe genug zu tun, nur macht mir alles nicht so viel Spaß, wie auf der Bühne zu stehen. Das ist mein Leben! Wenn ich ins Publikum schau’ und sehe, die freuen sich, dann geht mein Herz auf. Wenn ein Mensch aus seinem Hobby einen Beruf machen und sich auch noch davon ernähren kann, ist das die Königsdisziplin. Darin bin ich ein Naturtalent. Ich mach das, was ich immer mache: das Beste draus. Eben auch im Krankheitsfall. 

Hast du eigentlich eine Lieblingsmusik oder einen Lieblingssong? 

Ich würde meine Songs nicht singen, wenn ich nicht voll dahinterstehen würde! Einige mag ich mehr, manche weniger. Die Hits wie „Kränk’ di net“, „A Wunda“ oder „Hoppala“ gehören natürlich immer dazu, darauf wartet mein Publikum. Beim Konzert sehe und spüre ich: Die Leut haben Freude an meiner Musik. Dann bin ich glücklich. 

Was ich lustig finde, die Shlomit (Anm.: Tochter, Sängerin und Schauspielerin mit internationalen Bühnenerfolgen, die Gitti zu dreifachen Oma gemacht hat) parodiert mich jetzt. . Aber sie bringt meine Songs etwas anders aufbereitet. Das hat sie etwa für die CliniClowns im Wiener Metropol gemacht, und es ist sehr gut angekommen. Sie hat Spaß dabei, ich auch und das Publikum sowieso. 

Ich höre jede Form von Musik, gerne die alten Hadern aus den 80ern im Auto und im Radio. Aber eigentlich bin ich eine Swingmaus! (Anm.: Swing, eine Stilrichtung des Jazz. Was viele gar nicht wissen, Gitti beherrscht dieses Genre ganz hervorragend). 

Diese Form von Musik berührt mein Herz. Aber das Wichtigste: Musik muss mich glücklich machen.

Bei Dancing Stars, Folge 8 vor etwa sechs Jahren hast du dich wacker geschlagen und es mit dem Profi Willi Gabalier bis ins Viertelfinale geschafft. (Gitti O-Ton: Das hab ich meinen Fans zu verdanken, nicht meinen Tanzkünsten). Das Training muss ja unglaublich anstrengend gewesen sein. 

Anberaumt waren fünf bis sechs Stunden täglich, aber so lange konnte ich nicht durchhalten. (Mit einem Augenzwinkern). Ich hab ja eigentlich nicht getanzt, ich war ja dauernd in der Luft bei Willis Choreografien. 

Roman hat mich als Manager wie auch als mein Lebensmensch gut gecoacht. Ich kann nämlich manchmal recht jähzornig sein, vor allem, wenn man mich beleidigt. Aber das ist oft auch gar nicht so schlecht. Dann sag ich, was zu sagen ist und dann ist es erledigt. 

Aber er konnte mich sehr gut beruhigen, wenn die Jury hart geurteilt hat oder es böse Postings im Internet gab. Er hat Schwerstarbeit geleistet, um Anfeindungen und Untergriffiges von mir fernzuhalten. Manche Hassposter entschuldigten sich danach aber auch. 

(Fotograf Wolfgang Wolak ist fertig mit dem Shooting. Gitti verabschiedet sich spontan auf ihre Weise: Wolferl bleib anständig, a wenn’s fad ist.) 

Wir sehen dich in letzter Zeit auch immer wieder in einem Werbespot für die Corona-Impfung. Was ist deine Meinung zur aktuellen Situation? 

Ich selber bin dreimal geimpft. Und natürlich zipft mich die Pandemie auch schon an. So positiv kann man gar nicht veranlagt sein, dass man nicht schon langsam genug hat. Das geht nicht nur mir so. 

Man hört ja auch ständig irgendetwas anderes oder Neues. Das verunsichert viele. Aber in Wirklichkeit kennt sich keiner so genau aus mit dem Virus und daher kann man auch niemanden verurteilen für seine Aussagen. Prognosen zu stellen, ist immer noch schwierig. Ob die dann auch eintreffen – wer weiß das schon? Das sind ja Wissenschafter und keine Wahrsager. 

Du bist bekannt und beliebt für deinen unerschütterlichen Optimismus und deine Geradlinigkeit. Steckt da eine Lebensphilosophie dahinter? 

Schau: Was mach ich? Es is wie’s is und aus dem machen wir das Beste! Aufgeben tun wir nicht einmal eine E-Mail. Wer Ja sagt zum Leben, muss sich durchbeißen, das geht eben nicht anders. Man hat nur dieses eine Leben und in Wahrheit, überhaupt, wenn man älter ist, merkt man: Das Leben ist wie ein Furz. Es zwickt und zwickt, dann geht’s raus und ist schon wieder vorbei . . .

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